Viele Erinnerungen wurden wach, als Gerd Harpel am letzten Sonntagnachmittag im Juni bei außen hochsommerlichen, aber in der Deele des Heimathauses angenehm niedrigeren Temperaturen vor voll besetztem Haus einen kurzweiligen heimatkundlichen Bildervortrag zum Thema „Als unsere Großeltern und Eltern noch Kinder waren“ hielt. Mit Bildem aus dem Bestand von Hermann Michels, die auf eine große Leinwand projiziert wurden, lebten auch bei vielen Zuschauern und -hörern frühere Zeiten innerlich wieder auf.
Fotos und Postkartenansichten von Straßen und Gebäuden beeindruckten nicht nur durch die oft zwischenzeitlich eingetretenen Veränderungen, sondern auch durch Details und heute kaum mehr vorstellbare Besonderheiten. So erinnerten die an der damaligen Gaststätte “Buck”-Sürken angebrachten eisernen Ringe, die ehemals dem Anbinden von Vieh dienten, an Aschendorfs Vergangenheit als Markt- und Handelsort. Die ebenfalls im Bild festgehaltene und bis in die sechziger Jahre andauernde Gewohnheit eines Landwirts an der Bahnhofsstraße, seine Schweine täglich quer über die Hauptstraße des Ortes vom Hof auf die gegenüberliegende Weide und wieder zurück in den Stall zu treiben, ist bei den heutigen Verkehrsverhältnissen nur schwer vorstellbar, war aber damals ein ebenso vertrauter Anblick wie die tägliche Ablieferung der Milch bei der Molkerei.
Bilder aus der Gasstätte eines ortsbekannten fußballbegeisterten Wirts zeugten von dessen ausgeprägter Vorliebe für diesen Sport und sorgten bei den Veranstaltungsteilnehmem für Gesprächstoff wie ebenso Bilder aus der damaligen Bahnhofsgaststätte. Je nach Ansicht bessere oder schlechtere Zeiten in den Rauchgewohnheiten, auf jeden Fall aber andere Zeiten, bezeugte ein eindrucksvolles, älteres Foto zweier sich gegenseitig jeweils eine ansehnliche Zigarre ansteckender Gaststättenbesucher.
Wandel im kirchlichen Bereich wurde deutlich, als Harpel unter Hinweis auf die zeitgleich mit der Bilderschau bei eher spärlicher Resonanz stattfindende Fahrzeugsegnung am Amandushaus Bilder einer Fahrzeugsegnung Anfang der sechziger Jahre mit dem damaligen Kaplan Meiners auf dem Alten Marktplatz zeigte und die Segnung damals noch eine schier unübersehbare Menge an Menschen und Fahrzeugen anzog. Kirmesbilder, auf denen sich gleich mehrere und offenbar beliebte Ortsgeistliche mit vergnügten Kindern auf dem Schoß beim Karussellfahren in der Raupenbahn (mit einem sich während der Fahrt zeitweise schließenden Verdeck) zeigten, wären unter heutigen und besonders den gegenwärtig durch Missbrauchsfälle belasteten Moralvorstellungen eher verpönt und würden aktuell sicher alles andere als angemessen für die erwünschte und damals so praktizierte Volksnähe der Geistlichen gedeutet.
Die fotografisch gelungenen Bilder vom Abriss des gotischen Chores beim Umbau der Amanduskirche 1969 ließen innerlich kaum einen Zuschauer unbeeindruckt. Und bei einem Bild, das den Aufschlag der Abrissbirne auf das Kirchengemäuer zeigt, wurde mit jetzt besserer Einsicht deutlich, dass der Abriss in nachkonziliärem Zeitgeist erfolgte und baulich etwas geschah, was in dieser Form hätte besser nicht geschehen sollen und unter heutigen Verhältnissen wohl auch nicht mehr geschehen würde.
Eindruckvolle zeitgenössische Bilder der Heimatprimiz eines Aschendorfer Geistlichen unter großer Bürgerbeteiligung, des Besuches des seinerzeitigen Bundesministers Schröder (CDU) im passenden Umfeld eines stattlichen Panzers auf dem Alten Marktplatz, einer Hochzeitsgesellschaft mit Herren in Zylindern und Schützengesellschaften, in denen viele Aschendorfer noch vertraute Personen des öffentlichen Lebens wiedererkannten, zeigten den Sinn der Aschendorfer für Kultur und Fröhlichkeit. Letztere schließt gelegentlich auch einen klaren Schnaps ein, wobei der Sinn dafür sich bis heute mit allerdings eher abnehmender Tendenz erhalten hat, aber bevorzugt zum Schützenfest und sporadisch auch zu anderen passenden Gelegenheiten immer wieder aufflammt.
Zwischenzeitlich in der Veranstaltung gereichter Kaffee mit Kuchen ließ für Besucher wie Besucherinnen genügend Raum für lebhaft geführte Gespräche und den gegenseitigen Austausch eigener Erinnerungen. Der Wunsch nach weiteren Veranstaltungen dieser oder ähnlicher Art wurde wiederholt vorgetragen und soll in der weiteren Veranstaltungsplanung berücksichtigt werden.
Hans-U. Feller